Probleme bei der Umsetzung des Mieterstroms

Umsetzung des Mieterstroms

Energie / Strom:  Familie Fuchs besitzt ein Mehrfamilienhaus in guter Lage in der Nähe von Nürnberg (Name und Wohnort von den Autoren geändert). Ihr Wohn- und Geschäftshaus hat insgesamt drei Wohneinheiten und ein Ladenlokal. Schon seit längerem überlegt Familie Fuchs, auf dem Dach des Hauses eine Photovoltaikanlage installieren zu lassen. Einerseits wollen die Fuchsens ihr Dach nutzen, um ökologischen Strom zu produzieren und somit selbst einen kleinen Beitrag gegen den Klimawandel beitragen, andererseits erhoffen sie sich so eine weitere Einnahmequelle Ihres Gebäudes zu erschließen.

 

Mehrere Fachfirmen, die Familie Fuchs bisher mit ihrem Anliegen kontaktiert hat, konnten ihr leider nicht weiterhelfen. Zu kompliziert sei derzeit die Lage beim sogenannten Thema „Mieterstrom“. Mieterstrom, das bedeutet, dass auf dem Dach eines Gebäudes eine Anlage zur Stromproduktion errichtet wird, zum Beispiel vom Hausbesitzer, der Eigentümergemeinschaft oder einer externen Betreiberfirma, die dann für die Anlage zuständig ist. Da Familie Fuchs nicht selbst in ihrem Mehrfamilienhaus wohnt, ist dies nicht möglich. Soll sich die Anlage rentieren, müssten die Mieter Familie Fuchs den Strom abkaufen und verbrauchen.

Dies kann sich für beide Seiten rentieren: Familie Fuchs verdient am Verkauf ihres Stroms und die Mieter sparen, da sie mit ihrem Vermieter einen günstigeren Strompreis vereinbart haben, als sie derzeit bei ihrem Anbieter zahlen. Dass das Ganze auch ökologisch eine runde Sache ist, ist sozusagen „das Tüpfelchen auf dem i“. Hört sich eigentlich ganz einfach an. Familie Fuchs informiert sich eingehend über dieses Thema und besorgt sich Musterverträge für Mieterstrom.

Allerdings kommen hier die ersten Schwierigkeiten auf Familie Fuchs zu: Es gibt Musterverträge für „Fremdversorgung“ und welche für „Eigenversorgung“. Diese unterteilen sich dann weiter in „PV-Strom-Lieferung (mit/ohne Speicher)“, „Gesamtstromlieferung mit PV (mit/ohne Speicher)“, „Gesamtstromlieferung in einem Haus mit PV, Speicher und/oder BHKW/Wärmepumpe“ usw.

Bleiben wir bei den beiden einfachsten Fällen: Familie Fuchs kann sich entscheiden, ob sie ihren Mietern lediglich den PV-Strom liefert, so dass die Mieter einen weiteren Stromversorger benötigen, da der auf dem Dach des Hauses produzierte Strom nicht ausreicht, alle Einheiten vollständig mit Strom zu versorgen. In diesem Fall wird Familie Fuchs ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen ihrer Mieter. Auch ist diese Variante nur möglich, wenn die nötige Zählertechnik vor Ort verfügbar ist und der Netzbetreiber die Zulieferung durch den hinzukommenden „Versorger vor Ort“ akzeptiert. Alternativ dazu könnte Familie Fuchs ihren Mietern anbieten, die komplette Stromversorgung zu übernehmen. Auch in diesem Fall übernimmt sie die Rechte und Pflichten eines Stromversorgungsunternehmens und kann nur in Abstimmung mit dem Netzbetreiber und dessen Genehmigung des Messkonzepts betrieben werden.

Daneben gibt es einen weiteren Fallstrick im ganzen Konstrukt Mieterstrom: In Deutschland hat jeder Bürger Wahlfreiheit, welchem Stromversorgungsunternehmen er seinen Strom abkauft. Das bedeutet: Selbst, wenn sich jetzt alle Mieter im oben geschilderten Fall dafür entscheiden, ihren Strom oder einen Teil davon von ihrem Vermieter zu beziehen, kann das im Falle eines Mieterwechsels oder in einigen Jahren ganz anders aussehen! Je weniger Strom Familie Fuchs an ihre Mieter zu einem angenommenen Preis von derzeit über 20 ct/kWh verkaufen kann, umso weniger rentiert sich ihre PV-Anlage, bis hin zu dem „Worst-Case“, dass sie ihren kompletten PV-Strom ins öffentliche Netz einspeisen muss.

Das würde für Familie Fuchs nach heutiger Gesetzeslage bedeuten, dass sie für ihren Strom lediglich 11 cent/kWh bekommen würde, das ist die aktuell auf 20 Jahre garantierte Einspeisevergütung. Damit würde sich ihre PV-Anlage nicht mehr finanziell rentieren. Familie Fuchs müsste die Anlage mit Verlusten betreiben. Dazu kommt, dass sich Familie Fuchs um die Umsatzsteuer, die Einkommensteuer, die EEG-Umlage und die Stromsteuer zu kümmern hat sowie um die Meldung der PV-Anlage bei verschiedenen Stellen.

Das Fazit: Familie Fuchs hat aus den oben geschilderten Gründen von ihrem Vorhaben abgesehen, ökologischen Strom auf ihrem Hausdach zu produzieren. Zu groß sind die Hürden, die der Gesetzgeber derzeit aufgestellt hat.

In der Vergangenheit haben die meisten umweltbewussten Bürger aus Frust vor den bürokratischen Hürden vom Mieterstrom abgesehen. Um genau diesen Frust abzubauen und auf diesem Gebiet die Energiewende zu beflügeln und den Mieterstrom zum Durchbruch zu verhelfen, will das Deutsche Energieberater-Netzwerk einen Maßnahmenkatalog erarbeiten.

Quelle: Bettina Ziegler (DEN-Arbeitskreis Mieterstrom)
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