Schwammstädte – die klimafreundliche Stadtentwicklung

Immobilien-Nachrichten: Der Klimawandel ist längst in unseren Städten angekommen: Hitzewellen, Starkregen, lange Trockenperioden. Asphaltflächen heizen sich auf, Wasser versickert kaum, und die Kanalisation kommt bei extremen Regenfällen an ihre Grenzen. Um Städte widerstandsfähiger und lebenswerter zu machen, setzen immer mehr Kommunen auf ein zukunftsweisendes Konzept: die Schwammstadt.
Was ist eine Schwammstadt?
Eine Schwammstadt (englisch: sponge city) ist ein städtebauliches Konzept, bei dem eine Stadt so gestaltet wird, dass sie Regenwasser ähnlich wie ein Schwamm aufnehmen, speichern, reinigen und bei Bedarf wieder abgeben kann.
Das Grundprinzip: Wasser als Ressource begreifen, nicht als Problem.
Anstatt Regenwasser möglichst schnell in die Kanalisation zu leiten (was zu Überschwemmungen, Kanalüberlastung und Wasserverschwendung führen kann), wird es vor Ort zurückgehalten und in den natürlichen Wasserkreislauf integriert. Durch gezielte Maßnahmen wird der natürliche Wasserkreislauf im urbanen Raum nachgeahmt oder wiederhergestellt. Regen wird dort gespeichert, wo er fällt, versickert ins Erdreich oder verdunstet über Pflanzen – und entlastet so die Kanalisation.
Das Konzept verbindet:
Klimaschutz durch Begrünung und CO₂-Bindung
Umweltqualität durch bessere Luft, weniger Feinstaub und mehr Lebensraum für Tiere
Effektives Regenwassermanagement zur Vorbeugung von Überflutungen
Nachhaltige Wassernutzung zur Bewässerung in Trockenzeiten
Regulierung des Stadtklimas durch Verdunstungskühlung und Schatten
Das Besondere: Schwammstädte sind nicht nur technische Lösungen, sondern kombinieren ökologische, städtebauliche und soziale Aspekte – für mehr Lebensqualität und Klimaanpassung in einem Schritt.
Einfluss der Schwammstadt auf den Klimaschutz
CO₂-Bindung durch Begrünung
Bäume, Sträucher und Gründächer nehmen CO₂ aus der Luft auf und binden es langfristig in Biomasse.
Je mehr Vegetation in einer Stadt vorhanden ist, desto größer der Beitrag zur CO₂-Reduktion.
Verringerung des Energieverbrauchs
Begrünte Dächer und Fassaden senken den Kühl- und Heizbedarf von Gebäuden, da sie im Sommer isolieren und Hitze abhalten, im Winter Wärmeverluste reduzieren.
Weniger Energiebedarf bedeutet weniger CO₂-Emissionen aus Strom- und Wärmeerzeugung.
Kühlung des Stadtklimas (Verringerung von Hitzeinseln)
Pflanzen verdunsten Wasser (Evapotranspiration) und kühlen dadurch ihre Umgebung um bis zu 4–6 °C.
Gekühlte Städte benötigen weniger Klimaanlagen – das spart Strom und reduziert Emissionen.
Förderung einer klimafreundlichen Mobilität
Mehr Grün- und Aufenthaltsflächen steigern die Attraktivität von Fuß- und Radwegen.
Dadurch können innerstädtische Autofahrten sinken – ebenfalls ein Beitrag zur CO₂-Reduktion.
Nutzung erneuerbarer Wasserressourcen
Regenwasserspeicherung reduziert den Bedarf an energieintensiver Trinkwasseraufbereitung und -verteilung.
In heißen Sommern kann gespeichertes Regenwasser zur Bewässerung ohne zusätzlichen Energieaufwand genutzt werden.
Stärkung der Klimaanpassungsfähigkeit
Eine Schwammstadt schützt vor Klimafolgen wie Starkregen oder Trockenheit.
Dadurch müssen weniger Notfallmaßnahmen und Reparaturen mit hohem Energie- und Materialaufwand durchgeführt werden – ein oft übersehener, aber relevanter Klimaschutzaspekt.
Effektives Regenwassermanagement in der Schwammstadt
Regenwassermanagement bedeutet in der Schwammstadt nicht, Wasser so schnell wie möglich „wegzuleiten“, sondern es dort zu halten, wo es fällt, um es zu speichern, zu reinigen und nutzbar zu machen.
Kernprinzipien:
Regenwasser aufnehmen
Durchlässige Oberflächen statt Asphalt und Beton
Begrünte Dächer und Fassaden
Parks, Feuchtgebiete und Teiche
Wasser speichern
Unterirdische Zisternen
Rückhaltebecken
Bodenspeicher (durch humusreiche Böden)
Wasser reinigen
Pflanzen und Boden filtern Schadstoffe
Natürliche Klärprozesse in Feuchtgebieten
Wasser wieder abgeben
Verdunstung sorgt für Kühlung (Stadtklima)
Grundwasserneubildung
Nutzung für Bewässerung
Dezentralität
Statt großer Kanäle werden viele kleine Speicher-, Versickerungs- und Verdunstungsflächen angelegt.
Verzögerung des Abflusses
Mulden, begrünte Dächer und Retentionsflächen puffern Starkregen und entlasten die Kanalisation.
Natürliche Reinigung
Boden- und Pflanzenfilter entfernen Schadstoffe aus dem Wasser, bevor es ins Grundwasser gelangt.
Doppelte Nutzung
Speicheranlagen kombinieren Hochwasserschutz mit Bewässerungsfunktionen.
Ziele
- Hochwasserschutz bei Starkregen
- Hitzereduzierung durch Verdunstungskühlung
- Grundwasserschutz und Wiederauffüllung
- Lebensqualität steigern durch mehr Grünflächen
- Biodiversität fördern
Nachhaltige Wassernutzung in der Schwammstadt
Hier geht es darum, Regenwasser als Ressource zu begreifen und mehrfach im urbanen Kreislauf einzusetzen.
Regenwasser als Bewässerungsquelle
Zisternen und Dachwassertanks liefern Wasser für Parks, Straßenbäume und Dachgärten – ohne Trinkwasser zu verschwenden.
Nutzung für Gebäudetechnik
Regenwasser kann für Toilettenspülung, Waschmaschinen oder Gebäudekühlung eingesetzt werden.
Wiederverdunstung zur Kühlung
Wasserflächen, Brunnen oder bepflanzte Sickerbereiche erhöhen die Luftfeuchtigkeit und senken die Temperatur.
Vermeidung von Wasserimporten
Städte verringern die Abhängigkeit von Fernwasserversorgung und schonen damit Energie und Ressourcen.
Vorteile:
Wasserversorgung auch in Trockenzeiten gesichert
Senkung des Trinkwasserverbrauchs
Beitrag zur Energieeinsparung in der Wasseraufbereitung
Bausteine einer Schwammstadt
Die Umsetzung erfolgt durch viele kleine und große Maßnahmen, die im Zusammenspiel wirken:
1. Gründächer und Fassadenbegrünung
Speichern Regenwasser und geben es langsam wieder ab.
Wirken wie eine natürliche Klimaanlage, senken die Umgebungstemperatur und reduzieren Hitzeinseln.
Bieten Lebensraum für Insekten und Vögel und verbessern die Luftqualität.
2. Entsiegelung und wasserdurchlässige Beläge
Ersetzen Asphalt oder Beton durch Materialien wie Rasengittersteine oder spezielle Pflastersteine.
Lassen Regenwasser ins Erdreich versickern, wo es Grundwasser auffüllt statt in die Kanalisation zu fließen.
3. Regenwasserspeicher und Zisternen
Sammeln Niederschläge von Dächern oder Plätzen.
Stellen Wasser zur Bewässerung von Grünflächen oder zur Gebäudekühlung bereit.
Verringern den Spitzenabfluss bei Starkregen.
4. Versickerungsflächen, Mulden und Rigolen
Offene Grünflächen, die gezielt für die Aufnahme von Regen gestaltet werden.
Mulden fangen Wasser auf, Rigolen (unterirdische Kies- oder Sandschichten) leiten es ins Erdreich.
Filtern Schmutz und tragen zur Grundwasserneubildung bei.
5. Urbane Feuchtgebiete und Teiche
Fungieren als Puffer bei Starkregen und als Wasserspeicher in Trockenzeiten.
Verbessern die Wasserqualität durch natürliche Reinigungsprozesse.
Steigern die Biodiversität und schaffen Erholungsräume.
6. Straßenbäume, Pocket Parks und lineare Grünzüge
Spenden Schatten, kühlen die Luft durch Verdunstung und speichern CO₂.
Pocket Parks (kleine begrünte Stadtoasen) verbessern das Mikroklima und bieten Aufenthaltsqualität.
Vorteile für Mensch und Umwelt
- Hitzeminderung: Begrünte Flächen und Wasserflächen senken die Umgebungstemperatur spürbar.
- Biodiversität: Mehr Lebensraum für Vögel, Insekten und Pflanzen.
- Resilienz: Schutz vor Überschwemmungen und Trockenheit.
- Lebensqualität: Mehr Aufenthaltsqualität, weniger Feinstaub, geringere Lärmbelastung.
Beispiele aus der Praxis
Kopenhagen (Dänemark)
Die dänische Hauptstadt setzt auf den Skybrudsplan („Cloudburst Management Plan“): Straßen und Plätze werden so gestaltet, dass sie im Alltag als Grün- oder Aufenthaltsflächen dienen und bei Starkregen temporär Wasser speichern und ableiten. Kombiniert mit vielen Grünflächen und Radwegen ergibt sich ein stadtweites System für Klimaanpassung und Lebensqualität.
Berlin (Deutschland)
Mit dem Förderprogramm „GründachPLUS“ unterstützt Berlin private und öffentliche Dachbegrünungen. Projekte wie der Blücherplatz zeigen, wie Regenwasserrückhaltung, Versickerung und urbane Aufenthaltsqualität verbunden werden können – ein Pilot für dezentrale Schwammstadtelemente in dicht bebauten Gebieten. Ein weiteres Berliner Projekt ist die Rummelsburger Bucht, eine Kombination aus Gründächern und Versickerungsmulden. Im Entwicklungsgebiet der Rummelsburger Bucht befindet sich ein Mitte der 1990er Jahre erbautes Wohngebiet, von dem kein Regenwasser mehr in die Kanalisation gelangt.
Rotterdam (Niederlande)
Die niederländische Hafenstadt nutzt schwimmende Häuser, wasserdurchlässige Plätze und innovative Regenwasserspeicher wie den Waterplein Benthemplein. Dieser Platz ist bei Trockenheit ein Sport- und Freizeitbereich, bei Starkregen ein Auffangbecken für überschüssiges Wasser.
Wuhan (China)
Wuhan ist eine von 30 Pilotregionen des chinesischen Sponge-City-Programms. Mit großflächigen Feuchtgebieten, begrünten Dächern und durchlässigen Straßenbelägen wird Regenwasser gespeichert, gefiltert und wiederverwendet – ein Modellprojekt für schnelle Umsetzung in Megastädten.
Quelle: Tipps24-Netzwerk - HR
Foto: Pixabay / CCO Public Domain / AllThingsCoastal